Im Krafttier (Neudeutsch auch: „Spirit Animal“) finden das Wesen und die Seele eines Menschen in ihrer animalischen Form Ausdruck. Es begleitet uns ein Leben lang. In ihm spiegeln sich unsere Vergangenheit und Zukunft wider, es kann uns Botschaften aus der Anderswelt und dem Ahnenreich übermitteln. Doch nur wenigen gelingt es, ihr Krafttier wirklich zu erkennen und aktiv mit ihm zu kommunizieren. Das ist bedauerlich – schließlich handelt es sich bei einem Krafttier um einen spirituellen Gefährten, der viel Glück und Energie in den Alltag bringen kann. In diesem Beitrag erzählt Astrogaol von der Beziehung zu seinem persönlichen Krafttier, dem Raben Xilev.
von Astrogaol
Professionelle Inkarnationsforschung
Xi-lev. Keine zwei Silben haben mein Leben je so verändert wie diese beiden. Mein geflügelter Gefährte ist mein Vertrauter, mein Berater, manchmal mein Beschützer – ein ständiger Begleiter, der Schmerz und Freude mit mir teilt. Wie ich diese Zeilen schreibe, kann ich spüren, wie sich seine Füße sanft in meine Schultern krallen; ab und wann hören, wie er sein Federkleid schüttelt. Wenn ich mir bei einer Formulierung unsicher bin, diskutiere ich das mit ihm. Sogar laut, weil wir alleine sind. Im Bus oder in der Arbeit würde ich das natürlich nicht tun. Man würde mich wahrscheinlich für verrückt halten. Denn Xilev offenbart sich niemanden außer mir.
Als mein spirituelles Krafttier begleitet mich Xilev durch dieses Leben, so wie schon in so vielen Leben davor. Er ist ein Ur-Ahn, ein Bote, ein Archetyp meiner unsterblichen Seele. Mit meiner Vergangenheit und Zukunft ist er enger verbunden, als alles andere, das „mich“ in dieser jetzigen Form ausmacht. Der ständige Austausch mit ihm hilft mir dabei, die Dinge so zu erkennen, wie sie sind. Manchmal wird er zu meinem Lehrer.
Doch nicht immer habe ich die Präsenz von Xilev so deutlich wahrgenommen wie heute. Bis zu seinem ersten nächtlichen Besuch, bei dem ich ihn richtig erkennen, ja sogar Fragen stellen konnte, war es ein langer Weg, der viel Meditation und auch etwas Unterstützung von außen bedurfte.
Wie so viele andere Menschen auch, erahnte ich Xilevs Gestalt – die eines Raben – schon sehr früh in meinem Leben. Schon als Kind faszinierte mich die mystische Ausstrahlung der schwarzen Vögel. Immer wieder geschah es, dass einer davon direkt neben mir sitzen blieb und den Schnabel auf und zu machte, als würde er mir etwas sagen wollen. Während ich als Kleinkind noch Angst vor solchen Begegnungen hatte, in Tränen ausbrechen und davonlaufen würde, verlor ich zunehmend meine Furcht. Als Jugendlicher beobachtete ich die Vögel oft stundenlang, wie sie über die Felder und Hausdächer der Nachbarhäuser flogen, dabei mit dem Wind zu spielen schienen, manchmal sogar jagenden Katzen die Mäuse stibitzten. Damals ersehnte ich mir manchmal, sie würden sich mir wieder öfters nähern und mit mir „sprechen“, so wie in den Tagen meiner Kindheit. Doch die Raben schienen distanzierter. Vielleicht wegen meiner Körpergröße?
Ich erinnere mich noch, wie ich an lauen Spätsommertagen in meinem Baumhaus saß und mir solche Gedanken machte. Bis justament, an einem solchen Tag, plötzlich ein großer Rabe im unverglasten Fenster vom Baumhaus saß und mich lauthals anschrie. Ich hatte keine Angst, aber erschreckte mich zuerst. Ich frage, was er will, aber der Vogel schrie einfach weiter, drückte dabei die Brust heraus und flatterte mit den Flügeln. Schlimmer noch, er begann kreuz und quer durch den Raum zu fliegen und dabei sein Geschäft zu verrichten – über der gesamten Einrichtung, so wie über mir. Das empfand ich keinesfalls an Nettigkeit. Ich kletterte die Leiter nach unten und ging ins Haus um mich zu duschen. Als ich aus der Dusche kam sah ich, dass es draußen zu regnen begonnen hatte. Ich beschloss also, die Reinigung von meinem Baumhaus auf den nächsten Tag zu verschieben und verbrachte den Abend in meinem Zimmer, wo ich bald lesend einschlief. Der Regen draußen verwandelte sich in einen Sturm, und der Sturm nahezu in einen Orkan. Davon bekam ich kaum etwas mit, während ich in meinen Träumen versunken im Bett lag. Doch am nächsten Tag, als ich vor die Türe ging, traute ich meinen Augen nicht: Da lag mein Baumhaus, zertrümmert am Boden.
Von einem anderen, größeren Baum hatte sich ein riesiger Ast gelöst und einen Teil der Krone unserer alten Rotbuche, inklusive meinem Baumhaus, mit nach unten gerissen. Meine Mutter wäre vor Schreck fast gestorben, weil sie wusste, wie viel Zeit ich darin verbringe. Doch dank des – eigentlich gar nicht angenehmen – Besuchers am Vortag, war ich sicher in meinem Zimmer, als der Sturm ausbrach. Heute bin ich mir sicher, dass es sich bei dieser Warnung um keinen Zufall gehandelt hat.
Als ich Jahre später durch den Bezug zum Druidentum damit begann, mich aktiv mit dem Thema Krafttiere auseinanderzusetzen, war mir also bereits klar, dass meines ein Rabe ist. Zu diesem Zeitpunkt wuchs in mir auch das Bedürfnis, mein Krafttier besser kennen zu lernen. Ich hielt meine Sinne offen, suchte überall nach Zeichen und setzte mich in der Meditation sehr intensiv mit der Frage auseinander. Ich konnte spüren, wie sich meine Instinkte dadurch ständig verstärkten. Doch davon abgesehen fehlte jede Spur von Xilev. Ich kannte ja noch nicht einmal seinen Namen.
Der Druidenmeister konnte indes deutlich wahrnehmen, wie sehr mich die Frage beschäftigt. Als er eines Tages anbot, in der Nacht von Beltane mein spirituelles Krafttier zu beschwören, nahm ich dieses Angebot dankend an.Mit größerer Aufregung als üblicherweise kam ich an jenem Beltane zum Ritualplatz. Der Druidenmeister gab den drei anderen Anwesenden detaillierte Instruktionen für das Ritual, das wir rund um das Ritualfeuer durchführten. Während wir unsere Kräfte konzentrierten und das Feuer immer höher aufloderte, konnte ich spüren, was für mächtige Energien sich da gerade in Kraft setzen und aus den Portalen herausströmen. Wir hielten die Portale weiter offen, in einer tiefen Trance aber trotzdem im vollen Bewusstsein über die materielle Umgebung. Da hörte ich sie zum ersten Mal durch den Wind pfeifen, diese zwei Silben: Xilev.
Am Ende des Rituals erhaschte ich an der Spitze des Ritualfeuers einen Blick auf sein Federkleid, wie es kurz aufflattert und schwarz im Dunkel der Nacht verschwindet. Das war alles, was ich in jener Nacht von Xilev zu sehen bekam.
Doch nun hatte ich seinen Namen und ich wusste sogar, dass der Übertritt aus dem Portal vollzogen war. Wenige Tage darauf erschien er mir eines Nachts, so frech und so nah wie die Raben in meiner Kindheit. Ich konnte ihn zum ersten Mal deutlich erkennen, seine Augen, seinen Schnabel und seine Federn studieren. Dieser erste direkte Austausch dauerte mehrere Stunden, in denen mir deutlich wurde, dass Xilev meine gesamte Vergangenheit mit mir teilt und sein wachsames Auge stets in meiner Nähe war.
Anfangs waren diese Begegnungen unregelmäßig und endeten damit, dass Xilev wieder wegflog und verschwand. Doch unser Band verstärkte sich, es fiel mir immer leichter, meinen Geist für Xilev zu öffnen und ihn länger in meiner Umgebung zu behalten. Ich rief ihn immer wieder bei seinem Namen. Es ist schon komisch, wie etwas, das so eng zu einem gehört, trotzdem seinen eigenen Willen haben kann. Doch gerade dieser freie Wille macht Xilev zu so einem wertvollen Begleiter. Er ist mein wichtigster Vertrauter und die Stütze meiner Seele. Ich bin mir sicher, dass er auch am letzten Tag meines jetzigen Seins noch an meiner Seite sitzen wird und mir bewusst macht, dass der Kreislauf weiter geht.
Ich bin unbeschreiblich froh, dass mein spirituelles Krafttier so stark in mein Leben getreten ist, mir Stärke und Trost spendet und mein Sein über alle Zeit hinweg vervollständigt und bereichert ❤️