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Die Hexenverfolgung aus der Sicht der Hexen: Eine Reise in die Psyche der Angst

Hexenverfolgung

„Nicht die Hexen sollt ihr fürchten, sondern jene, die sie verbrannt haben!“ – Die Angst vor den Hexen reflektiert nichts anderes, als dunkelsten Abgründe einer Gesellschaft. Die Herrscher nutzten diesen psychologischen Reflex schon lange, um ihre Macht und ihren Reichtum zu festigen. Eine Reise in die Zeit der Hexenprozesse und Massenpsychosen.

Von Sabrina

Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es in Europa eine Zeit, in der man als Hexe angeklagt werden konnte. Jahrhundertelang wurde hier und in anderen Teilen der Welt eine massive Hexenverfolgung betrieben, bei der tausende von Menschen – überwiegend Frauen – aufgrund von falschen Anschuldigungen und abergläubischen Vorstellungen verfolgt und hingerichtet wurden.

Aber wie muss sich das Leben aus der Sicht der Hexen angefühlt haben? Wie war es, ständig in Angst zu leben, dass man als Hexe entlarvt und angeklagt werden würde? Und was sagt uns die Psychologie über die Angst vor Hexen und die Mechanismen, die zur Hexenverfolgung geführt haben?

Diese Fragen möchte ich im Folgenden aus der Sicht einer modernen Druiden, Kräuterfrau und Hexe beleuchten.

Hexen als willkommener Sündenbock für politisches Versagen

Die Hexenverfolgung war eine Zeit großer sozialer, politischer und religiöser Unsicherheit. Die Menschen lebten in ständiger Angst vor Krankheiten, Hungersnöten und Naturkatastrophen, die sie nicht erklären oder kontrollieren konnten. In einer solchen Welt ist es einfach, jegliches Leid missverstandenen Menschen in die Schuhe zu schieben, die vermeintlich mit dunklen Kräften im Bunde stehen. Die Hexen, die Heilerinnen, die Kräuterfrauen, die tatsächlich geheimes Wissen hüteten, oder einfach Frauen und Mädchen mit einem ungewöhnlichen Aussehen, sichtbaren Muttermalen, roten Haaren oder Sommersprossen.

Für die Menschen, die als Hexen beschuldigt wurden, war dies eine schreckliche Zeit. Sie wurden oft von ihren eigenen Nachbarn und Familienmitgliedern verraten und beschuldigt, mit dem Teufel im Bunde zu sein und schädliche Zauber zu wirken. Einmal angeklagt, hatten sie kaum eine Chance, ihre Unschuld zu beweisen, da die Hexenverfolger alle möglichen Methoden der Folter und Zwangsbeichte anwandten, um Geständnisse zu erzwingen.

Den Herrschenden – die durch Misswirtschaft, zu hohe Steuern, Kriege und Absolutismus für viele der Leiden tatsächlich verantwortlich waren – kam der fehlgeleitete Volksglaube über die dunklen Kräfte und Absichten der Hexen gerade gelegen. Sie fanden dadurch den idealen Sündenbock, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken. Ganz nach der Logik: „Schuld an meinem Leid ist nicht der Herrscher, der meine Mahlzeiten und mein Holz rationiert, meine Arbeit überbesteuert und mit seinen Truppen meine Äcker zertrampelt – sondern meine Nachbarin, die mit den Katzen spricht.“

Hexenprozesse als Schulbuch-Beispiel für eine Massenpsychose

Hexenprozess
Ein Hexenprozess in Salem 1692

Aber wie erklärt die Psychologie die Furcht vor Hexen und die Mechanismen, die zur Hexenverfolgung geführt haben? Carl Gustav Jung, der bekannte Schweizer Psychologe, argumentierte, dass die Angst vor Hexen ein Ausdruck des kollektiven Unbewussten war – eine Art universelle Vorstellung, die in den tiefsten Schichten des menschlichen Geistes verankert ist.

Jung argumentierte, dass die Vorstellung von Hexen, Zauberern und bösen Geistern tief in der menschlichen Psyche verwurzelt ist, da sie eine Projektion unserer eigenen tiefsten Ängste und Wünsche darstellt. Hexen repräsentieren die Ängste des kollektiven Unterbewusstseins, die Seite, die wir nicht verstehen oder kontrollieren können. Indem die Gesellschaft ihre Furcht auf Hexen projiziert und sie aus der Gemeinschaft ausschließt, schafft sie eine Art psychologischen Abwehrmechanismus, der es ermöglicht, ihre eigenen tiefsten Ängste zu unterdrücken. Auf dieser Grundlage entstand eine Massenpsychose, die es ermöglichte, dass die grausamen Praktiken der „Hexenjäger“ nicht nur möglich waren, sondern sogar vielerorts Beifall fanden.

Doch die Hexenverfolgung war auch ein Ausdruck von Macht und Kontrolle. Die Menschen, die die Hexenverfolgung betrieben, taten dies oft aus politischen oder religiösen Gründen – um ihre eigene Macht zu festigen und um gegen Andersdenkende vorzugehen. Die Hexenverfolgung bot ihnen die Möglichkeit, ihre Gegner als Hexen zu beschuldigen und auszuschalten. Auch die Kirche nutzte die Hexenverfolgung, um ihre Macht und Kontrolle über die Menschen zu stärken und um Andersdenkende zu unterdrücken.

Lehren aus dem Leid unserer Schwestern

Für die Hexen selbst war die Hexenverfolgung eine schreckliche Erfahrung. Sie wurden gefoltert, verhört und oft grausam hingerichtet, ohne jemals eine Chance zu haben, ihre Unschuld zu beweisen. Für sie war es eine Zeit der Angst und Verzweiflung, in der sie von ihren eigenen Nachbarn und Freunden verraten wurden.

In der heutigen Welt können wir uns nur schwer vorstellen, wie es gewesen sein muss, als Hexe angeklagt zu werden. Aber die Geschichte der Hexenverfolgung ist eine Erinnerung daran, wie leicht wir von unseren eigenen Ängsten und Vorurteilen getäuscht werden können und wie wichtig es ist, für Gerechtigkeit und Menschlichkeit zu kämpfen.

Wie C.G. Jung sagte: “Wir sollten uns bewusst sein, dass unsere Ängste oft unsere eigenen tiefsten Wünsche und Ängste widerspiegeln und dass wir nur durch das Verstehen unserer eigenen Psyche und das Erkennen unserer eigenen Projektionen lernen können, uns von den Schrecken der Welt zu befreien.”

In diesem Sinne sollten wir uns daran erinnern, dass die Hexenverfolgung nicht nur eine Geschichte aus der Vergangenheit ist, sondern auch eine Erinnerung daran, wie leicht wir uns von unseren eigenen Ängsten und Vorurteilen täuschen lassen können. Wir sollten uns bemühen, unsere eigenen Vorurteile zu erkennen und uns für eine gerechtere und menschlichere Welt einzusetzen, in der alle Menschen frei von Angst und Unterdrückung leben können.

2 Gedanken zu „Die Hexenverfolgung aus der Sicht der Hexen: Eine Reise in die Psyche der Angst

  1. Ein großartiger Beitrag! Vielen Dank!
    Augenscheinlich hat die Menschheit nicht viel dazu gelernt. Die bewusst herbeigeführt Spaltung der Gesellschaft lässt mich die Haare sträuben. Es tönt immernoch ….”Teile und herrsche!”
    Ich frage mich, wann ein anderes “Theaterstück ” erscheint….
    Dieses sollte langsam langweilig werden.

  2. Hallo Sabrina,

    erst einmal ein Dankeschön für Deine gute Zusammenfassung der Hexenverfolgung.

    Erlaube mir ein paar Fakten hinzuzufügen:
    Ja, die Folge von Hexenjagd, Angst vor Schadenszauber und Fluch, Folter und Verbrennung waren selbstverständlich eine tiefe Traumatisierung der Menschen. Auch in späteren Zeiten konnte es noch sehr unangenehm werden, wenn man als „Hexe“ bezeichnet wurde. Es gab jetzt keine Gesetze mehr gegen Hexerei, doch nach der Aufklärung waren die Menschen, die an Zauber und Magie glaubten, schnell als „Verrückte“ sozial aussortiert. Wer anders war, wurde von der Gesellschaft ausgeschlossen. Dies könnte immer noch, bis in die heutige Zeit hinein, dramatische Folgen haben.

    Weltweit findet Hexenverfolgung aber auch in der Gegenwart statt, insbesondere in Afrika, Südostasien und Lateinamerika. Um das Ausmaß der modernen Hexenverfolgung zu begreifen reicht ein Blick auf die Zahlen allein im afrikanischen Staat von Tansania. Der Historiker Wolfgang Behringer gibt an, dass in der Zeit von 1960 bis 2000 ungefähr 40.000 Menschen in Tansania ermordet wurden, die wegen vermeintlicher Hexerei angeklagt waren. Auch in Südafrika fallen jährlich mehrere hundert Menschen dem Hexenwahn zum Opfer. In Papua-Neuguinea werden (Stand 2022) regelmäßig Frauen der Hexerei beschuldigt, verfolgt und ermordet. Berichte über Hexenjagden sind aus Indonesien, Indien, Süd- und Nordamerika und den arabischen Staaten bekannt. In Indien wurden zwischen 2001 und 2006 400 Adivasis (eine indigene Bevölkerungsgruppe) im Bundesstaat Assam unter Hexerei-Vorwürfen umgebracht. Aktuell macht der Politiker Hung Cao in den USA von sich reden, der behauptet, dass Städte und Regionen in Californien von Wiccas und Hexen „übernommen“ wurden. Er sieht es als seine Aufgabe an dies in seinem Bundesstaat (Virginia) zu verhindern. Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele aus der Gegenwart.

    Lichtvolle Grüße

    Learina

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